Im Kern ist die ExpoDB eine Web-API zu den Daten aus imdas pro. Sie ist dabei Anlass, Notwendigkeit und Chance für Standards in der Museumsdokumentation, allerdings auch Möglichkeit für Flexibilität. Dabei stellt sich die Frage, wer für was in der Zusammenarbeit von Museen, Agenturen und BSZ zuständig ist.

29.05.2019, Christof Mainberger

Die Architektur der ExpoDB: Sie ist eine Web-API, über die Daten aus imdas pro publiziert und Daten nach imdas pro übernommen werden. Die Museen sind zuständig für die Datenpflege über imdas pro, für die Spezifikation der Datenstrukturen in den Datenbanken sowie für die externen Applikationen, die ihre Sammlungsdaten nutzen.

Im Kern stellt die ExpoDB eine Web-API dar, die die Datenbestände und Bilder zu Sammlungen der Museen online erreichbar macht. Web-API übersetzt sich zu “Application Programming Interface”, also eine Programmierschnittstelle für Anwendungen, die das Internet nutzt.

"Programmierschnittstelle für Anwendungen" unterstreicht, dass diese Schnittstelle nicht zur direkten Nutzung durch Menschen geeignet ist, sondern insbesondere darauf optimiert ist, dass andere Computerprogramme mit dieser Schnittstelle besonders einfach kommunizieren können. Das sind z.B. die Content-Managementsysteme, mit welchen die Museum ihre Webauftritte, ihre Medienstationen oder auch Serious Games betreiben. Kulturportale sind ebenfalls andere Programme sowie die Programme, die Museen z.B. für die Bildverwaltung, im Museumsshop oder für andere interne Geschäftsgänge einsetzen.

Die Gestaltung und der Betrieb dieser Programme fällt in die Zuständigkeit der Museen bzw. der Agenturen, die jene dazu beauftragt haben. Soweit dazu Informationen zu Museumsobjekten gebraucht werden, sollen diese nicht erneut in einer proprietären Datenbank erfasst werden, sondern aus imdas pro bezogen werden. Das BSZ ist zuständig, dass die Daten dafür zuverlässig und in technisch einfach verwendbarer Form zur Verfügung stehen. Allerdings ist dazu zunächst zu sichern, dass in imdas pro überhaupt die Daten so vorhanden sind, wie sie für die neuen Nutzungen und die neuen Nutzer*innen benötigt werden.

Bei der Sammlungsdokumentation stand in den vergangenen zwei Jahrzehnten die fachwissenschaftliche Erschließung der Museumsbestände im Vordergrund sowie zuletzt die Wertermittlung. Nach diesen beiden Zielsetzungen ließen die Dokumentationsabteilungen die Datenbanken konfigurieren; sie decken sich jedoch nur teilweise mit den Bedarfen der Kommunikationsabteilungen, die nun meist federführend für die Projekte der digitalen Transformation sind. Zum Beispiel ist ein kunsthistorischer Katalogtext sprachlich nicht unbedingt fürs breite Publikum geschrieben und liegt auch nicht in den Fremdsprachen vor, die für zeitgemäße Online-Angebote üblich sind.

In weiten Bereichen enthalten die imdas-pro-Datenbanken allerdings genau die Inhalte, die auch für die neuen digitalen Nutzungen benötigt werden: Der Titel eines Museumsobjekts, seine Urheber*in, seine Herkunft und Datierung, Materialangaben, Maße etc. unterscheiden sich nicht für Experten und Laien: Die imdas-pro-Datenbanken bilden für die aktuellen Vorhaben insofern eine wertvolle und unersetzliche Grundlage. Wo Datenelemente für das neue Publikum der neuen Anwendungen bislang fehlen, können sie ergänzt werden. Doch selbst diese Ergänzung kann aufgrund der Größe der Datenbanken und des Aufwands nur schrittweise und für Teilbereiche geleistet werden. Zusätzliche Datenbanken verbieten sich hingegen bereits wegen des Aufwands für die redundante Datenpflege.

Im Hinblick auf die Sammlungsdaten ist für den Erfolg der digitalen Strategien in den Museen insofern die enge Zusammenarbeit von Kommunikations- und Dokumentationsabteilungen erforderlich. Es hilft nichts, wenn die Kreativen nur davon "ausgehen", dass die Daten, die sie für ihre originellen Ideen benötigen, doch wohl in imdas pro sein "müssten". Und auch nicht, wenn umgekehrt die Dokumentare nur glauben, dass das, was seit Jahrzehnten richtig und wichtig war, nun schon auch für die neuen Zwecke taugen wird. Es gilt, ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln, wie die kreativen, digitalen Projektvorhaben konkret in den vorhandenen Beständen abzubilden sind, welche Daten hierzu noch fehlen oder zu verbessern sind und für welche interessanten Teilbereiche dies im vorgegebenen Zeitrahmen geleistet werden kann. Für die praktische Umsetzung müssen diese Überlegungen unbedingt schriftlich fixiert werden, damit sie - iterativ fortgeschrieben - zur Grundlage der Zusammenarbeit zwischen Museum, ggf. Agentur und BSZ werden.

Das Projekt ExpoDB hat das Ziel, die Standardisierung der Daten an jenen Staatlichen Museen voranzutreiben, die imdas pro nutzen. Damit soll in erster Linie erreicht werden, die vorhandenen Mittel für die technische Infrastruktur möglichst effektiv einzusetzen. Die parallele Entwicklung von zu imdas pro redundanten Datenbanken für jedes einzelne Museum würde den Spielraum, insbesondere hinsichtlich des nachfolgenden Betriebs, für die Realisierung der eigentlichen, innovativen, publikumsorientierten Applikationen begrenzen.

Als weiteres Ergebnis der Standardisierung ergibt sich eine Interoperabilität der Datenbestände der Staatlichen Museen, ein Aspekt, der bereits bei der Einführung von imdas pro überlegt wurde. Damals entschied man sich schließlich gegen eine gemeinsame Verbunddatenbank und für einzelne imdas-pro-Instanzen, die nun nach zwei Jahrzehnten trotz Dokumentationsstandards auseinandergelaufen sind. Mit der ExpoDB ergibt sich die Perspektive, die Daten zusammenzuführen und wechselseitig zu nutzen.

Eine Standardisierung der Datenstrukturen und Funktionalitäten soll vor allem als Fundament verstanden werden, auf dem die Museen den spezifischen Bedarfen ihrer Sammlungen Rechnung tragen und die Originalität ihrer Angebote ausgestalten können. Das heißt, die ExpoDB sieht auf einer gemeinsamen technischen Basis etliche Konfigurationsmöglichkeiten vor, mit denen individuelle Bedarfe nach Daten und Datenverarbeitungen in erschwinglicher Weise befriedigt werden können.

Zum Beispiel sind die "Lieblingsstücke" in der "Sammlung Online" der Staatsgalerie Stuttgart sicher kein Standardelement in den imdas-pro-Datenbanken, sondern sie sind eine spannende originäre Idee dieses Museums, um Besucher an interessante Stücke im Bestand heranzuführen. Die Testimonials, die zu den Lieblingsstücken verfasst werden, können dennoch mit Bordmitteln von imdas pro verwaltet und über die ExpoDB flexibel dem Webauftritt der Staatsgalerie zur Verfügung gestellt werden.

Auch wenn im Zuge der digitalen Transformation also sicher die eine und andere Datenstruktur und Funktionalität noch zusätzlich in imdas pro oder der ExpoDB implementiert wird, gibt es jedenfalls innerhalb der bestehenden imdas-pro-Instanzen eine Menge Ansatzpunkte eine Standardisierung der Datenbestände, auch zum Vorteil der digitalen Strategie, voranzutreiben.

Zum Beispiel werden in imdas pro von manchen Museen mittlerweile durch Neuentwicklung obsolet gewordene Funktionalitäten verwendet, weil ihre Daten bislang nicht in die neueren Strukturen überführt werden konnten. Oder ähnliche Datenelemente wurden für verschiedenen Sammlungen unterschiedlich implementiert oder auch nur unterschiedlich benannt. Oder dieselben Datenstrukturen in imdas pro werden von unterschiedlichen Museen für gänzlich unterschiedliche Inhalte benutzt. Alle diese Differenzen ziehen nun Konfigurationen und Fallunterscheidungen in der ExpoDB, ihren Datenverarbeitungen und Schnittstellen nach sich.

Es ist insofern auch ein Teil des Projekts ExpoDB, solche oft nur historisch begründeten, fachlich nicht erforderlichen Varianten auszuräumen. Die Vorstellung ist, dabei möglichst händische Arbeit in den Museen zu vermeiden, sondern mit Unterstützung des BSZ vielmehr automatisierte Datenverarbeitungen anzuwenden. Wie bislang schon bei der Migration von Altdaten nach imdas pro muss hierzu ein Prozedere gefunden werden, in dem das Museum das BSZ mit der jeweiligen Datenverarbeitung beauftragt und das Ergebnis formal abnehmen kann und damit die "Hoheit über Daten" wieder verantwortlich übernimmt.

Gibt es unnötige Varianten schon bei den Datenstrukturen unterschiedlicher Museen, so treten Inkonsistenzen noch mehr in Dateninhalten und da bereits innerhalb des Bestands eines Museums, wie auch untereinander, auf: Freitextfelder, die sehr subjektiv verwendet werden, Schreibanweisungen, die nicht vorhanden sind oder nicht beachtet werden, sowie Stammdaten und Thesauri, die aber lokal und inkonsequent strukturiert sind. All dies fällt nun auf die Füße, wenn die Daten im Zuge der digitalen Transformation publiziert werden. Z.B. sind Datierungen wie “Weihnachten 1534” oder “Frühes Neolithikum” weder auf einem Zeitstrahl einzuordnen, noch zu sortieren oder sinnvoll zu recherchieren.

Damit rückt ausgerechnet die digitale Transformation und die Verwendung der Daten in neuen Zusammenhängen einen Aspekt deutlich in den Vordergrund, der jahrzehntelang nur als aufwendiges, akademisches Nice-To-Have behandelt werden konnte: die Verwendung von Normdaten. Eine Kartierung von Fundorten, Herkünften etc. setzt Geokoordinaten voraus, die sozusagen "natürliche" Normdaten darstellen, aber auch nur dann den Ortsangaben mit wenig Aufwand zuordnen sind, wenn diese bereits normiert sind und am besten z.B. Verweise auf die Gemeinsame Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek enthalten. Die Nutzung von Oberbegriffen und Synonymen bei der Recherche sowie eine Facettierung zum "Drill-Down" erfordert eine systematische Begriffsverwendung, die durch Normdaten gewährleistet wird. Auch eine Internationalisierung der Begrifflichkeit ist durch die Verwendung von Normdaten entscheidend erleichtert.

Um die Verwendung von Normdaten in den Museen zu erleichtern, nimmt das BSZ an dem DFG-Projekt GND4C teil, das die in Bibliotheken verwendete GND für Kultursparten wie die Museen ertüchtigen soll. Weitere Projektpartner sind u.a. Deutsche Nationalbibliothek, das Landesarchiv Baden-Württemberg sowie digiCULT e.G. in Kiel. Von digiCULT stammt auch das Instrument xTree, mit dem Museen Vokabulare und Thesauri gemeinsam aufbauen und pflegen können. Dies ist unabhängig von imdas pro, so dass eine Kooperation dazu Museen im deutschsprachigen Raum umfassen kann: ein Museum in Baden-Württemberg könnte so z.B. mit einem Museum in Hamburg zusammenarbeiten. Das BSZ hat dazu mit digiCULT eine Vereinbarung und beauftragt nun im Rahmen der ExpoDB zusammen mit KIM Basel-Land auch die Anbindung von xTree an imdas pro. Die unabdingbare Voraussetzung für Thesauri in xTree ist aber die Zuarbeit der Expert*innen aus den Museen. Diese könnte sofort beginnen.

Für alle Standardisierungen im Rahmen der ExpoDB gilt, dass deren Fundament die Standardisierung in imdas pro bleibt: Imdas pro ist die Masterdatenbank, der Ausgangs- und Zielort für alle Daten und der Ort, an dem diese ausschließlich gepflegt werden. Imdas pro verfügt über ausgefeilte Masken und Datenverarbeitungen, ein differenziertes Rechtekonzept etc. Es gibt keinen Grund für Zwecke der ExpoDB ein hierzu redundante Anwendung aufzubauen, die lediglich für die Bearbeiter*innen zu einem weiteren Instrument für vergleichbare Arbeiten führen würde. Anreicherungen wie Geokoordinaten, publikumsspezifische Texte und deren Übersetzungen, schließlich auch Nutzer-Generierte-Inhalte werden in imdas pro in spezielle Felder integriert und dort auch gepflegt.

Nutzer-Generierte-Inhalte sind für die Museumsdokumentation ein neues Thema und damit ein Anlass hier von vornherein ein einheitliches Vorgehen zu verwirklichen. Auch wenn gerade bei der Nutzer-Interaktion besonders kreative Ideen denkbar sind, sollen dazu als Basis zunächst nur die auch aus anderen Web-Kontexten geläufigen Angebote als Web-API realisiert werden: Likes, Bewertungen, Tags (ggf. aus normiertem Vokabular) sowie Kommentare bzw. Testimonials. Da sich entsprechend den Einsatzszenarien unterschiedliche Policies ergeben werden, wie die Museen Redaktion und Freischaltung gestalten, wird es diesbezüglich Konfigurationsmöglichkeiten geben. Ein wichtiger Aspekt ist, dass in imdas pro keine personenbezogene Daten von Museumsnutzer*innen übernommen werden; eine Personalisierung kann aber mit Hilfe anonymisierter Nummern erreicht werden.

Die ExpoDB und die neuen Zwecke, die die Museen im Zuge der digitalen Transformation mit ihren Daten verfolgen, sind Anlass, Notwendigkeit und Möglichkeit, eine Standardisierung in imdas pro und in der Museumsdokumentation voranzutreiben. Das BSZ wird die Museen bei diesen Arbeiten mit automatisierten Routinen unterstützen. Gleichzeitig ermöglichen es leicht konfigurierbare Bausteine der ExpoDB auf Basis dieser Standards, flexibel spezifische Funktionalitäten auszugestalten. Diese erlauben den Museen auch in Perspektive, in ihren Angeboten innovativ, originell und mutig zu denken. Dazu trägt auch die Verwendung von mächtigen Standard-Technologien in der Web-API bei, die Agenturen erfahrungsgemäß einen geläufigen, komfortablen und leistungsfähigen Zugriff auf die ExpoDB ermöglichen.

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